+ Was der neue Gesetzentwurf für autonomes Fahren verändert +

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+ Frank-Jürgen Weise über den neuen Beteiligungsfonds für die Autobranche + Scheuer und der Milliardenauftrag für Corona-Schutzausrüstung + Eurovignetten-Richtlinie +
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BACKGROUND
  Das Entscheider-Briefing für den Mobilitätssektor, 19.10.2020  
 
  Sehr geehrte Frau Angeloo,

wir feiern heute Scheuer-Festspiele in Tagesspiegel Background – dabei spielt der Untersuchungsausschuss keine Rolle, versprochen!

Zunächst befasst sich Jens Tartler mit dem jüngsten Gesetzentwurf aus dem Haus des Verkehrsministers zum autonomen Fahren. In dem Paragrafenwerk verbergen sich sehr interessante Regelungen darüber, wie die Roboautos mit brenzligen Situationen umgehen sollen. Außerdem wird die Rolle der Steuerzentrale präzisiert, in der keine Roboter sitzen sollen, sondern Menschen aus Fleisch und Blut.

Im Nachrichtenteil geht es um Scheuers neuen Anlauf für eine Revision der Eurovignetten-Richtlinie. Mit der Ausdehnung der Maut auch auf Pkw war der deutsche Minister bekanntlich gescheitert, jetzt möchte er die Regeln für die Lkw-Maut in der EU auf einen neuen Stand bringen. 

Wie eine intelligente Pkw-Maut nicht nur in Deutschland aussehen sollte, schreibt Carl-Friedrich Elmer, Projektleiter Verkehrsökonomie beim Thinktank Agora Verkehrswende, in seinem sehr lesenswerten Standpunkt

Einen ganz anderen Aspekt des Scheuerschen Wirkens beleuchtet Thomas Trappe. In seinem aufwendig recherchierten Beitrag schaut er sich die milliardenschwere Beschaffung von Corona-Schutzausrüstung durch die Bundesregierung ganz genau an. In diesem Verfahren spielt der Verkehrsminister eine Rolle. Es sollen natürlich auch Unternehmen aus Bayern zum Zuge kommen. Ein Verleih von Möbeln und Party-Equipment änderte dazu eigens seinen Geschäftszweck.

Ganz seriös geht es dagegen im Artikel von Alfons Frese zu. Er hat mit Frank-Jürgen Weise gesprochen. Der langjährige Chef der Bundesagentur für Arbeit soll jetzt nach dem Willen der IG Metall ein Langzeitprojekt anpacken: die Transformation der Autoindustrie vom Verbrennungsmotor zur Elektromobilität. Was er mit dem neuen Beteiligungsfonds namens Best Owner Group (BOG) vorhat, lesen Sie weiter unten.

Wir wünschen Ihnen einen guten Start in die Woche!

Die wichtigsten Themen im Überblick:

  • Neuer Gesetzentwurf: Im autonomen Auto über die rote Ampel
  • Autozulieferer: Banken geben kein Geld mehr für Verbrenner
  • BMG-Maskenbeschaffung: Wie Andreas Scheuer einen Partyverleih empfahl
  • Lkw-Maut: Scheuer nimmt neuen Anlauf bei Eurovignetten-Richtlinie
  • SUVs: Heimliche Gewinner der Umweltprämie für Elektroautos
  • Flughafen: Klimaaktivisten wollen BER-Eröffnung blockieren
  • Förderung: Kommunale Netzwerke für Klimaschutz und Mobilität
  • Standpunkt: Die Maut ist tot, es lebe die Maut!
  • Im Porträt: Stefanie Bremer, Professorin für integrierte Verkehrsplanung, Universität Kassel
 
   
 
 
Background Presseschau
 
 

BMW legt Ethik-Kodex für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz fest industrie.de
Daimler-Chef Källenius fordert von Zulieferern nachhaltige Produktion businessinsider.de
Bundesregierung erlaubt wieder Doppelförderung beim Elektroauto-Kauf handelsblatt.com
Mobilität, nein danke: Dreyer ruft zu Verzicht auf Urlaubsreisen auf rhein-zeitung.de
"Subventionierter Klimabetrug": Kritik an Kaufprämie für Plug-in-Hybride schwarzwaelder-bote.de
Women in Mobility. Mehr Platz für Frauenzeit.de
Elon Musk attackiert den echten Tesla-Gründer Martin Eberhard auf Twitter businessinsider.de
So sollen Aral-Tankstellen den Wandel zur Elektromobilität überleben welt.de
Army teams with universities to create miniature drone device that detects aerosols foxnews.com
When Self-Driving Cars Don’t Realize They’ve Been In A Car Crash forbes.com
Honda ditches diesel and phases out pure petrol models three years early thetimes.co.uk
Bruce Willis Stars in Commercial for ‘Die Hard’ Car Batteries variety.com

 
   
 
 
   
  Jens Tartler  

Im autonomen Auto über die rote Ampel

In einem neuen Gesetzentwurf zum autonomen Fahren hat das Bundesverkehrsministerium seine Anforderungen an die Roboautos und die sogenannte Technische Aufsicht präzisiert. Klar ist: In brenzligen Situationen muss ein Mensch aus der Ferne die richtigen Befehle geben. Besonders schwieriges Terrain bleibt autonomen Fahrzeugen verwehrt.

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Was macht ein autonom fahrendes Auto an einer roten Ampel, die durch einen technischen Defekt auf Dauer-Rot steht? Ewig warten oder nach einer längeren Schamfrist bei Rot fahren? Wenn der jüngste Gesetzentwurf des Bundesverkehrsministeriums erst Mal in Kraft getreten ist, wäre der Fall geregelt: Das Roboauto würde über Mobilfunk einer neu zu schaffenden sogenannten Technischen Aufsicht ein Signal geben: Wir haben ein Problem! 

Ein Mensch aus Fleisch und Blut in der Leitzentrale würde dann alarmiert. Er oder sie würde dem Roboauto dann ein Manöver diktieren, das dieses dann eigenständig ausführen würde. Ähnlich würde es ablaufen, wenn das Fahrzeug einen Defekt hat, der es zum Anhalten zwingt. Der Mensch von der Technischen Aufsicht würde die Anweisung geben, mit niedriger Geschwindigkeit bis zur nächstgelegenen Haltebucht zu fahren. Dort könnten die Passagiere sicherer aussteigen als auf dem Seitenstreifen. Das Roboauto hätte einen „anderen risikominimalen Zustand“ erreicht, wie es im Gesetzentwurf heißt, der Tagesspiegel Background vorliegt.

Unbeschrankte Bahnübergänge oder Feldwege sind tabu

Ein weiterer wichtiger Punkt: Autonom fahrende Autos werden nur für einen „zulässigen Betriebsbereich“ freigegeben. Sie müssen in diesem Areal mit „den an die Fahrzeugführung gerichteten Verkehrsvorschriften“ zurechtkommen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass Bereiche mit unbeschrankten Bahnübergängen oder angrenzenden Feld- und Waldwegen ausscheiden.

Mit dem Gesetzentwurf möchte sich die Bundesregierung in Sachen Regulierung an die Weltspitze setzen. Dadurch will sie auch „die führende Position der Bundesrepublik Deutschland in der Entwicklung automatisierter, autonomer und vernetzter Kraftfahrzeuge“ absichern. Auf europäischer Ebene gebe es noch „keinen hinreichenden Rechtsrahmen“ für diese Autos. Die EU-Verordnung 2018/858 setze immer noch einen „Fahrzeugführer und damit die umfassende Steuerbarkeit des Fahrzeugs voraus“. Dabei zeichne sich autonomes Fahren gerade dadurch aus, dass in letzter Konsequenz kein Mensch am Steuer mehr nötig sei. So denkt das Verkehrsministerium zum Beispiel an autonom fahrende Shuttlebusse, sogenannte „People Mover“.

Auf internationale Vorgaben zu warten ist für das Verkehrsministerium keine Option. Dann könnte das Potenzial der Technik nicht genutzt werden: mehr Verkehrssicherheit, weniger Emissionen, Mobilität für alte und körperlich beeinträchtigte Menschen, eine Stärkung des Innovations- und Wirtschaftsstandorts Deutschland. Deshalb geht die Bundesregierung mit ihrem „nationalen Rechtsrahmen“ voran.

Christian Malorny, Chef der Automobilsparte der Unternehmensberatung Kearney, lobt im Telefongespräch mit Tagesspiegel Background: „Wenn das Gesetz so beschlossen wird, ist die Bundesrepublik Deutschland das erste Land weltweit, das für autonome Funktionen des Level 4 eine gesetzliche Grundlage geschaffen hat.“ 

Level 4 nach der Kategorisierung der früheren Society of Automotive Engineers (SAE) ist die zweithöchste Stufe. Die Autos haben zwar alle Funktionen des autonomen Fahrens, sind aber in Ausnahmesituationen auf Hilfe von außen angewiesen. Die höchste Stufe 5 bedeutet, dass die Fahrzeuge unter allen Bedingungen allein zurechtkommen.

Auch für den Pkw-Markt ein Meilenstein

Bei fahrerlosen Bussen auf Level 4 greift nach dem Gesetzentwurf die Technische Aufsicht ein. Die Mitarbeiter dort müssen die Roboautos nicht permanent überwachen – was auch von der Personalausstattung her unrealistisch wäre. Sie müssen aber durch technische Vorrichtungen gewarnt werden, wenn sie ein Fahrzeug deaktivieren oder ein Fahrmanöver freigeben müssen.

Auch für den Pkw-Markt ist der Gesetzentwurf ein Meilenstein. Mercedes hat angekündigt, die gerade vorgestellte neue S-Klasse voraussichtlich ab Herbst 2021 für automatisiertes Fahren nach Level 3 auf Autobahnen freizugeben, wenn die Gesetzgebung es bis dahin erlaubt. Zwar zunächst nur als automatischer Stau-Pilot bis 60 km/h. Doch könnte der Fahrer oder die Fahrerin immerhin mal die Hände vom Lenkrad nehmen und sich Mails oder Telefonaten widmen, während das Auto selbstständig im Verkehr mitschwimmt. Die Technik funktioniert laut Mercedes bereits einwandfrei. Tesla, der Audi A8 und der 7er BMW haben ebenfalls die Voraussetzungen dafür. 

Auch wenn solche Oberklasse-Pkw gerne als Ministerfahrzeuge eingesetzt werden, führt der Gesetzentwurf andere Einsatzzwecke für das autonome Fahren auf: neben Bussen etwa die Logistik. Fahrerlose Autos könnten Post, Dokumente und Waren verteilen. Auch Fahrten zwischen medizinischen Versorgungszentren sowie Alten- und Pflegeheimen seien vorstellbar.

Diese Einsatzmöglichkeiten machen den Verband Deutscher Verkehrsunternehmen hellhörig. Der VDV vertritt die Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs. Grundsätzlich begrüßt er es, dass die Bundesregierung Rechtsklarheit für autonome Fahrzeuge schafft. Er fürchtet aber sogenannte Rebound-Effekte: Staus von Robo-Taxis, eine Kannibalisierung des ÖPNV und eine weitere Zersiedelung der Landschaft durch das bequeme Fahren.

Autonome Funktionen müssen alle 90 Tage geprüft werden

Unternehmensberater Malorny ist am Gesetzentwurf dagegen aufgefallen, dass der Fahrzeughalter „umfassend in die Pflicht genommen“ werde. So müsse er die autonomen Funktionen alle 90 Tage auf ihre sichere Funktionsfähigkeit hin prüfen. Das müsse er dokumentieren und die Dokumentation speichern oder auf andere Art aufbewahren. Zusätzlich sei er verpflichtet, dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) alle Fälle wie „Eingriff in das Fahrzeug von außen“, „Fast-Unfall-Szenarien“ oder „nicht planmäßiges Wechseln der Fahrspur“ zu übermitteln.

Interessant ist aus Malornys Sicht auch, dass Zulassung und Überprüfung der autonomen Funktionen nicht mehr den Landesbehörden überlassen, sondern bundeseinheitlich geregelt und vom KBA übernommen werden sollen. „Das schafft Rechtssicherheit für alle“, lobt der Berater.

Das Gesetz braucht die Zustimmung des Bundesrates. Nach Ablauf des Jahres 2023 will das Verkehrsministerium den neuen Rechtsrahmen evaluieren und die Ergebnisse dem Bundestag zukommen lassen.

 
   
 
 
   
  Alfons Frese  

Banken geben kein Geld mehr für Verbrenner

Mitte November beim nächsten Autogipfel muss Wirtschaftsminister Peter Altmaier sein Konzept vorstellen. Dann stehen auch ein Transformationsfonds und ein Beteiligungsfonds für Zulieferer auf der Tagesordnung. Den Beteiligungsfonds soll Frank-Jürgen Weise leiten. Tagesspiegel Background hat mit dem Ex-Chef der Bundesagentur für Arbeit darüber gesprochen.

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Frank-Jürgen Weise ist der Mann für alle Fälle. Nachdem er gut zehn Jahre die Bundesagentur für Arbeit geführt und modernisiert hatte, bat ihn die Bundesregierung im Herbst 2015 zum Kriseneinsatz an der Spitze des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Fünf Jahre später braucht die IG Metall den 69-Jährigen  für ein Langzeitprojekt: die Transformation der Autoindustrie vom Verbrennungsmotor zur Elektromobilität. Dazu hat sich die Gewerkschaft einen besonderen Beteiligungsfonds mit dem Namen Best Owner Group (BOG) ausgedacht, der schwächelnden aber systemrelevanten Zulieferern über die kommenden zehn bis 20 Jahre hilft. Um das Projekt in Gang zu bringen, investieren IG Metall und IG BCE ein paar hunderttausend Euro: auf dass die Transformation so sozialverträglich verlaufe wie möglich.

„Es gibt erste Gespräche mit einer Reihe potenzieller Investoren, denen wir unser Konzept erläutern und die reges Interesse signalisiert haben“, sagte Weise Tagesspiegel Background. Das BOG-Programm sei „innovativ und folgt gerade nicht dem Schema des Kaufens und Verkaufens einer Beteiligung“, sagte Weise. „Denn es gibt diesen Exit gar nicht, er ist nicht vorgesehen.“ Es geht um Unternehmen ohne Zukunft: Sie produzieren noch für eine gewisse Zeit Teile und Komponenten für Autos mit Verbrennungsmotoren. Doch irgendwann in den 2030er Jahren ist Schluss.   

„Private Equity scheidet als Investor aus“

„Private Equity scheidet als Investor aus“, sagt Weise.  „Anders sieht es mit langfristig orientierten institutionellen Investoren aus, also Pensionskassen, Family-Offices oder etwa Versicherer. Aus diesem Kreis haben wir durchweg positives Feedback und echtes Interesse für substanzielle Investitionen signalisiert bekommen.“ Für den BOG peilt er ein Volumen von 500 Millionen Euro an. „Wir rechnen aus heutiger Sicht mit Investitionen in fünf bis zehn Unternehmen, das versteht sich inklusive Fremdkapitalanteil“, sagte Weise Tagesspiegel Background. 

Der Markt für Verbrennungsmotoren werde trotz des forcierten Trends zum Elektroauto „über Dekaden hinweg groß sein“, glauben die BOG-Initiatoren und machen folgende Rechnung auf: Wenn man für die Schlüsselkomponenten eines Verbrennungsmotors  etwa 500 Euro ansetzt, wären selbst bei einem Marktanteil von rein batterieelektrisch angetriebenen Autos von 60 Prozent im Jahr 2023 weltweit immer noch 40 bis 50 Millionen Motoren pro Jahr zu fertigen. Der Zulieferungsumsatz würde damit 20 bis 25 Milliarden Euro betrage. Außerdem werde der Ersatzteilbedarf ein erhebliches Geschäft über das Produktionsende des Verbrennungsmotors hinaus nach sich ziehen 

Und dennoch sind Unternehmen allein mit Produkten für den Verbrenner Auslaufmodelle, was sich derzeit bei der Beschaffung von Fremdkapital zeigt: Die Banken geben kein Geld mehr. Zur Transformation kommt die coronabedingte Rezession, und es wird immer enger für Zulieferer. Gleichzeitig weitet sich das Spielfeld für Übernahmen, Beteiligungen und neue Strukturen innerhalb der bewährten Wertschöpfungsketten.  

Das Prinzip einer Aufspaltung in zukunftsorientierte Bereiche und „am Laufen zu haltende“ Bereiche sei bereits aus anderen Branchen bekannt, argumentieren die BOG-Protagonisten, zu denen auch Florian Almeling von KPS Capital Partners gehört: In der Energiewirtschaft etwa die Trennung von fossiler und regenerativer Energieerzeugung, das Contract Manufacturing in der Pharmaindustrie (Generika) oder die „Ausgliederung von Lebensversicherungsportfolien zum Run-Down an spezialisierte Unternehmen“, heißt es in einem BOG-Papier.

Versprochen werden erstaunlich hohe Renditen für die Investoren, die sich Weise zufolge mit mindestens 50 plus 1, also einer „echten Mehrheit“ an den Firmen beteiligen sollen. „Das Runterfahren eines Unternehmens bedeutet nicht automatisch, dass in den betroffenen Unternehmen keine positiven operativen Renditen erzielt werden können“, heißt es bei der BOG. Über reduzierte Investitionen und Entwicklungsaufwendungen, entfallende Abschreibungen und die Marktkonsolidierung könnten die Renditen sogar  gesteigert werden. „Durchschnittliche Margen in den potentiellen Zielunternehmen liegen im Bereich von acht bis zehn Prozent EBITDA (Gewinn vor Steuern, Kapitalkosten und Abschreibungen) oder vier bis sechs Prozent EBIT.“

Für die Investoren werde eine Rendite von zwölf bis 15 Prozent angestrebt. Bei vermutlich niedrigen Kaufpreisen für verbrennungsmotorrelevante Zulieferunternehmen, angesetzt wird das Drei- bis Vierfache des EBITDA, und einem eher geringen Fremdkapitaleinsatz sei „ausreichend Liquidität vorhanden, um Rückzahlung und Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals zu erreichen“.

Keine Finanzierung operativer Verluste

Den Begriff der Bad Bank lehnen die BOG-Macher als „irreführende Charakterisierung“ ab, weil die Unternehmen im Portfolio weder krank noch defizitär seien. „BOG fügt strukturell gesunde Unternehmen zu einem Verbund zusammen.“ Eine Finanzierung operativer Verlusten werde es nicht geben. Die Unternehmen seien vielmehr in der Lage, „langfristig positive Ergebnisse zu erwirtschaften“, weshalb auch keine direkte staatliche Unterstützung erforderlich sei. „Das Konzept der BOG ist ein marktwirtschaftliches, natürlich im Geiste der Sozialen Marktwirtschaft“, sagte Weise Tagesspiegel Background. „Deshalb können öffentliche Institutionen, ich denke da etwa an die KfW oder die Förderprogramme der einzelnen Bundesländer, sicher auch eine wichtige Rolle spielen.“

Dem BOG-Chef ist die Branche nicht fremd: In den 1990er Jahren arbeitete er für Autozulieferer, etwa im Vorstand von FAG Kugelfischer. Im BOG-Team übernehme er derzeit den „Dialog mit den Gewerkschaften, den Verbänden, der Politik“. An seiner Seite stünden „Führungskräfte aus der Zulieferindustrie mit übergreifender Branchenkenntnis, ebenso wie Persönlichkeiten mit Kapitalmarkt- und Investorenerfahrung und solche mit Wissen um Lösungen in Fragen der Beschäftigung und Transformation“, erläutert Weise. 

Im Corona-Konjunkturpaket sind zwei Milliarden Euro für die Transformation der deutschen Leitbranche vorgesehen. „Die genaue Ausgestaltung hierzu wird aktuell erarbeitet“, teilt das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage mit.  „Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Finalisierung.“ Mitte November beim nächsten Autogipfel muss Peter Altmaier das Konzept vorstellen. Transformationsfonds und BOG stehen dann auch auf der Tagesordnung. Für die BOG fehlen nur noch die Genehmigungen unter anderem von der Bafin. „Alle relevanten Anmeldungen sind auf den Weg gebracht“, sagte Weise Background. Er weiß aber auch: „Die BOG ist nur ein Konzept von vielen, die es für diese große Transformation brauchen wird.“

 
   
 
 
   
  Thomas Trappe  

Ein freundlicher Hinweis von Andreas Scheuer

Ein bayerischer Möbel- und Partyverleih ändert im April seinen Geschäftszweck und schließt einen Mega-Vertrag zur Beschaffung von Schutzausrüstungen für das Bundesgesundheitsministerium (BMG). Zustande kam der Vertrag auch dank der Mitwirkung des Verkehrsministers. Der beteuert, keine Kontakte zum Unternehmen zu haben.

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Eine Autowerkstatt aus Berlin. Roche. Der Sohn von Helmut Kohl. Die 3M Deutschland GmbH. Ein Werkzeugladen in Hamburg. Rheinmetall. Eine Rathausapotheke. Die Volkswagen AG. Es ist ein bunter Haufen auf der Liste, die Tagesspiegel Background zugespielt wurde. Aufgeführt sind Unternehmen von Weltrang, aber auch Einzelpersonen und teils offenbar spontan gegründete Firmen, die direkt oder indirekt mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) Verträge eingegangen sind zur Lieferung von Persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) und Beatmungsgeräten. Mehr als 200 Unternehmen stehen auf der Liste, viele versehen mit Vermerken, die signalisieren, dass auf juristischem Wege noch was an den Verträgen zu machen sein könnte, von denen das BMG offenbar viel zu viele eingegangen ist.

Das Problem ist lange bekannt, bislang stand dabei vor allem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als Ressortverantwortlicher im Mittelpunkt. Nun zeigen Recherchen von Tagesspiegel Background, dass auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bei der Maskenbeschaffung des BMG eine Rolle spielte, bei der Vermittlung mindestens eines Vertrags. Geschlossen wurde dieser mit einem Party- und Möbelverleih aus der Nähe von München, der im April einen Rahmenvertrag über die Lieferung von einer halben Milliarde Masken bekam.

Die zu Beginn der Coronakrise angelaufene Maskenbeschaffung des BMG bestand aus mehreren Zweigen, über die laut Ministerium bislang 1,1 Milliarden Masken gekauft wurden. Besonderes Aufsehen erregte dabei bislang das sogenannte Open-House-Verfahren, das Anfang April eine Heerschar von Vertragspartnern an- und Verträge nach sich zog, derer das BMG seitdem nicht mehr Herr wird: Denn bei der Open-House-Konstruktion bekam jeder, der ein Angebot gemäß der Ausschreibung machte, einen Vertrag. Da das BMG im März sehr viel Geld pro Schutzmaske bot, entstanden auf diese Weise mit mehr als 300 Händlern um die 700 Verträge, im Wert von 6,4 Milliarden Euro. Nicht mal ein Fünftel davon steht im Haushalt bereit.

Kurz nachdem klar wurde, dass das Open-House-Verfahren nicht zu managen ist, holte Spahn ohne Ausschreibung die Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) zu Hilfe, die seither vor allem damit beschäftigt ist, auf juristischem Wege Vertragsverpflichtungen des BMG aus dem Open-House-Verfahren wegzuräumen, um damit die ausstehende Summe zu reduzieren. EY war nicht der einzige Partner, den das BMG im März auf dem kurzen Dienstweg engagierte. Dazu gehörte auch der Logistikdienstleister Fiege. Das Unternehmen hat seinen Sitz im Münsterland und damit im CDU-Bezirksverband, in dem Spahn im Vorstand sitzt. Der Fiege-Auftrag umfasst laut BMG einen „dreistelligen Millionenbetrag“.

Auffällige Rahmenverträge

Ende April standen Scheuer und Spahn dem Bundestag gemeinsam in einer Fragerunde Rede und Antwort zur Maskenbeschaffung. Beide vermittelten damals den Eindruck, auf allen Wegen nach Schutzausrüstungen und Masken zu suchen, um so der Ausbreitung der SARS-CoV-2-Pandemie etwas entgegen zu setzen. Vor allem für Scheuer ging es in dieser Zeit um viel, schließlich steht er bis heute in der Maut-Affäre erheblich unter Druck – und auch bei dieser geht es, wenn auch nur in einem Nebenstrang, um eine EY-Beauftragung. Dass Scheuer und Spahn tatsächlich alle Hebel in Bewegung setzten, um Schutzausrüstungen heranzuschaffen, wird durch eine interne Liste aus dem BMG bestätigt: Denn anders als durch hektische Aktivierung sämtlicher Kontakte ist das dort zu sehende Spektrum der Vertragspartner kaum zu erklären.

Zum Beispiel die Kohl Consult AG, das Beratungsunternehmen des Ex-Kanzler-Sohns Walter Kohl. Auf Anfrage sagte Kohl, dass er sich „zu einem laufenden Verfahren nicht äußern“ wolle. Hinter der Kohl Consulting findet sich auf der Liste – die offenbar zu Überblickszwecken für die juristische Abarbeitung von Verträgen erstellt wurde – ein Sternchen, die Bedeutung wird am Ende des Dokuments aufgeführt: „Bereits abgeschlossene Verträge, potenzielle Nachbesserung von mangelhafter Ware oder Interaktion über Rechtsberatung“. Mehr als 120 Unternehmen auf der Liste sind entsprechend gekennzeichnet. Viele von ihnen dürften zu den Händlern gehören, die gerade vor dem Landgericht Bonn gegen das BMG prozessieren, mehr als 60 Verfahren werden dort in der Open-House-Angelegenheit geführt. Vergangene Woche trafen sich nach Informationen von Tagesspiegel Background rund ein Dutzend involvierter Anwälte in einem Edelrestaurant am Brandenburger Tor, um sich gegenseitig mit Informationen für eine optimale Prozessführung gegen das BMG zu versorgen.

Auf der Liste gibt es etwas mehr als 20 Unternehmen, die nicht mit einem, sondern mit zwei Sternen gekennzeichnet sind. Diese markieren laut Legende „indirekte Vertragsbeziehungen über geschlossene Rahmenverträge“, bei denen eine „potenzielle Kontaktaufnahme bei Mängelrügen“ empfohlen wird. Geht man die einzelnen Firmen durch, gibt es ein paar Auffälligkeiten. Die meisten der 24 aufgeführten „Rahmenverträge“, etwa zwei Drittel, wurden mit internationalen, meist chinesischen Firmen geschlossen: Hier ging es ganz offenbar darum, vor Ort mit großen Playern möglichst schnell an Schutzausrüstungen zu kommen. Aber es gibt auch eine Handvoll deutsche Unternehmen. Bei ihnen handelt es sich nicht um globale Player, sondern um deutsche Mittelständler. In der Hälfte der Fälle um bayerische.

Rahmenvertrag über eine halbe Milliarde Masken

Aufgeführt ist zum Beispiel ein Sanitätshaus aus Raubling bei Rosenheim. Ein Deko-Anbieter aus Aschaffenburg. Eine auf China-Geschäfte spezialisierte GmbH aus München. Zu den Firmen, die ihren Sitz nicht in Bayern haben, gehört die Kloepfel Services GmbH, in welcher der kürzlich verstorbene ehemalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) dem Beirat vorsaß, zu dem auch der österreichische Medienmanager Helmut Thoma gehört. Die andere, die Issacana GmbH aus Oelde, bot dem Land NRW bereits im März Unterstützung bei der Maskenbeschaffung an – und ging dafür über den CDU-Landtagsabgeordneten Daniel Hagemeier, der den Kontakt zu Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann vermittelte, welcher wiederum in engem Austausch mit Spahn steht.

Doch was hat es mit den Rahmenverträgen genau auf sich? Tagesspiegel Background liegt die Kopie eines solchen Abschlusses vor: Er datiert auf den 3. April dieses Jahres und ist für internationale Geschäftspartner ausgelegt – nämlich in englischer Sprache. Unterschrieben ist er von der Fiege International Beteiligungs GmbH, also einer Tochter des vom BMG beauftragten Logistik-Unternehmens. Der Rahmenvertrag hat ein großes Volumen: 200 Millionen FFP-2-Masken werden aufgeführt und 300 Millionen OP-Masken. Die Stückpreise sind in der Vertragskopie geschwärzt.

Sollten hier aber die gleichen Preise aufgeführt worden sein wie beim Open-House-Verfahren, das zur gleichen Zeit startete, hätte der Vertrag einen Umfang von mehr als einer Milliarde Euro. Hätten die 24 in der BMG-Auflistung markierten Rahmenverträge ein ähnliches Volumen, stellen sich viele Fragen – und einige Antworten führen zum Verkehrsministerium, genauer gesagt zu Scheuer. Denn dieser spielte beim Zustandekommen des vorliegenden Rahmenvertrags mit Fiege offenbar eine nicht unwesentliche Rolle. Er vermittelte den Kontakt zum Rahmenvertragspartner, einem Unterföhringer Möbel- und Partyverleih.

Die „Mr Rent Service GmbH“ aus der Nachbargemeinde Münchens ist ein Mittelständler, der sich laut Handelsregister auf die Vermietung von Event-Equipment, die Vermittlung von Hotelzimmern und Eingliederung von ausländischen Pflegekräften spezialisiert hat, hinterlegt ist ein Stammkapital von 25.000 Euro. Am 22. April dieses Jahres, also kurz nach der Unterschrift unter dem Rahmenvertrag, wurde der Zweck des Unternehmens im Handelsregister geändert. Hinzu kam nun der „Import, Handel und Vertrieb von persönlicher bzw. medizinischer Schutzausrüstung“. Alleiniger Geschäftsführer von Mr Rent ist Philipp Hoese, der ebenfalls die Agentour25 betreibt – einen Limousinen-Service. Als Partner von Fiege tauchen im Rahmenvertrag beide Unternehmen auf: Hoese für die Agentour25 sowie ein Mann mit einer mrrent.com-Mailadresse werden als Kontaktpersonen aufgeführt. Wie auch bei anderen bayrischen Kleinunternehmen drängt sich die Frage auf, warum ausgerechnet sie, neben einem Dutzend internationaler und auf China-Exporte spezialisierter Unternehmen, offenbar an sehr umfassende Rahmenverträge kamen.

Bei Fiege erklärt ein Sprecher auf Anfrage, dass es seit dem 30. März mit dem BMG „eine rahmenvertraglich abgesicherte Kooperation zur Nutzung der Einkaufsstruktur bei Fiege sowie bei weiteren großen Firmen wie der Deutschen Bahn, BASF, Bayer, Daimler, Lufthansa, Otto und Volkswagen“ gebe. Darüber, wie viele weitere Rahmenverträge Fiege abgeschlossen habe, gebe man keine Auskunft, hierfür sei das Gesundheitsministerium zuständig. Dass man mit Mr Rent einen Rahmenvertrag geschlossen habe, liege in dessen Erfahrung begründet. „Das Unternehmen war bereits von der Bundeswehr zur Lieferung von PSA beauftragt worden. Ein entsprechendes Bestätigungsschreiben der Bundeswehr liegt Fiege vor.“

Der Fiege-Sprecher betont, dass es „in der Hochphase der Pandemie zahlreiche aktive Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker (fraktionsübergreifend) und ehemalige Politiker“ gegeben habe, „die über ihr Netzwerk helfen wollten, um die zu der Zeit dringend benötigten Schutzmasken zu besorgen“. Und ja, „im Fall von Mr Rent wurde der Kontakt zu dem Unternehmen von Herrn Minister Scheuer weitergeleitet“. Gleichzeitig wolle man aber klarstellen, „dass es zu keinem Zeitpunkt, von einem Politiker oder einer Regierung, den Versuch gab, Entscheidungen und Vertragsdetails zu beeinflussen“.

Keine Rechnung offen

Der Rahmenvertrag mit Mr Rent sei, wie alle anderen auch, „eng mit dem BMG abgestimmt“ worden. Die halbe Milliarde Schutzmasken, die im Vertrag aufgeführt sind, waren dabei offenbar nur eine Obergrenze, bis zu der Mr Rent hätte liefern können. „Da der Rahmenvertrag als solcher keinerlei Liefer- oder Abnahmepflichten begründete“, so der Fiege-Sprecher, „kann sich eine Erfüllung immer nur aus einzelnen Abrufen ergeben. Das im Vertrag genannte geschätzte Volumen kam bei weitem nicht zustande.“ Auf jeden Fall gehört Mr Rent nicht zu jenen Maskenlieferanten der Bundesregierung, die noch auf ihr Geld warten. „Als verantwortungsvolles Unternehmen haben wir durch enge Abstimmung mit dem BMG und entsprechende prozessseitige Gestaltung stets dafür Sorge getragen, dass wir unseren etwaigen Zahlungspflichten vereinbarungsgemäß nachkommen können“, erklärt Fiege. Alle Rechnungen an Mr Rent seien beglichen.

Eine Anfrage – unter anderem dazu, ob und wenn ja, in welcher persönlichen oder professionellen Beziehung er zu Andreas Scheuer stehe – blieb bei Mr-Rent-Chef Hoese trotz mehrmaliger Nachfrage und mehr als einer Woche Zeit unbeantwortet. Das Bundesverkehrsministerium bat nach Nachfrage um Fristverlängerung, um dann schließlich auf vier Fragen mit vier Mal „Nein“ zu antworten. Minister Scheuer habe weder Spahn, Fiege oder irgendjemand anderem eine Zusammenarbeit mit Mr Rent empfohlen. Genauso wenig gebe es professionelle oder private Kontakte zu Mr Rent, so das Ministerium. Das BMG konnte eine Anfrage zu den Vorgängen und der Rolle des Verkehrsministers auch nach mehrmaligem Fristaufschub nicht beantworteten.

 
   
 
 
Background Nachrichten
 
 
 

Scheuer nimmt neuen Anlauf bei Eurovignetten-Richtlinie

Nachdem Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit seiner geplanten Ausdehnung der Mautpflicht auch auf Pkw in der EU gescheitert ist, nimmt er jetzt einen neuen Anlauf für eine Revision der Eurovignetten-Richtlinie. Laut einem Papier aus dem Ministerium, das Tagesspiegel Background vorliegt, sieht der Vorschlag für Nutzfahrzeuge eine Differenzierung der Maut nach CO2-Ausstoß oder Vergünstigungen für emissionsfreie Fahrzeuge oder Niedrigemissionsfahrzeuge vor. Außerdem gibt es eine Wahlfreiheit zwischen einem strecken- und zeitbezogenen System

Die Richtlinie ist die europarechtliche Grundlage für die Erhebung von Straßennutzungsgebühren. Eine Revision der Richtlinie wird seit 2017 diskutiert. Der neue Kompromissvorschlag der deutschen Ratspräsidentschaft sieht eine Bemautung von Lkw zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht vor. Eine unbefristete Ausnahme von der Mautpflicht soll es für Transporte des Werkverkehrs geben, die von Lkw zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen durchgeführt werden. Eine Befreiung soll auch für Nullemissionsfahrzeuge bis 4,25 Tonnen gelten. 

Für Hybrid-Lkw soll die Maut um bis zu 75 Prozent sinken, wenn sie bestimmte Strecken nachweislich emissionsfrei zurückgelegt haben. In verkehrsüberlasteten Gebieten kann die Infrastrukturgebühr um bis zu 50 Prozent angehoben werden. Als Beispiel wird der Brenner genannt. Voraussetzung: Das jeweils betroffene Mitgliedsland stimmt zu. jtr

 
   
 
 

SUVs heimliche Gewinner der Prämie für Elektroautos

Von der Umweltprämie für Elektroautos profitieren offenbar vor allem Geländewagenhersteller. Autofirmen kommen laut einer Umfrage der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ mit der Produktion von SUVs mit Plug-in-Hybrid-Motoren kaum hinterher, sodass die Lieferzeiten für diese Modelle immer länger werden. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir sprach in diesem Zusammenhang von „staatlich subventioniertem Klimabetrug“.

„Viele fahren fast ausschließlich mit dem fossilen Verbrenner und nutzen die E-Mobilität nur zur Startbeschleunigung an der Ampel“, sagte Özdemir der Zeitung. „Das hat verheerende Folgen für die Glaubwürdigkeit der Branche und für den Klimaschutz.“ Die Politik sei gefordert.

Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic warnte in der Zeitung, die Autoindustrie werde „politisch kaputt reguliert“ und kritisierte ebenfalls die „irre hohen Subventionen“. Es müsse kontrolliert werden, wie stark die Batterie im Alltag tatsächlich genutzt werde.

Das Beratungsgremium der Bundesregierung Nationale Plattform Zukunft der Mobilität kritisierte unter Berufung auf Studien, dass Dienstwagen mit Plug-in-Hybrid-Antrieb nur zu 18 Prozent elektrisch bewegt würden (Background berichtete). Die Umweltprämie müsse daher neu justiert werden. AFP

 
   
 
 

Klimaaktivisten wollen BER-Eröffnung blockieren

Klimaaktivisten haben zur geplanten Eröffnung des neuen Berliner Flughafens BER am 31. Oktober eine Blockade und weitere Protestaktionen angekündigt. Die Initiative „Am Boden bleiben“ erklärte am Sonntag in Berlin in einer Pressemitteilung, in Zeiten der sich beschleunigenden Klimakrise sei kein Platz für neue Flughäfen. Die Initiative fordert eine drastische Verringerung der Luftfahrt, die Einstellung von Inlandsflügen, ein Ende der Subventionen für die Flugindustrie sowie den Ausbau von klimagerechten Alternativen. Zu den Eröffnungsfeiern ist den Angaben zufolge unter anderem auch eine Demonstration von BUND-Jugend, Fridays for Future und anderen geplant.

„Während sich die Klimakrise überschlägt, werden hier Milliarden von Steuergeldern in die klimaschädlichste Form des Reisens gesteckt“, kritisierte Melek Berger von der Initiative „Am Boden bleiben“: „Wir müssen jetzt mit der Mobilitätswende anfangen, das bedeutet: Züge statt Flüge und gute Arbeitsplätze in zukunftsfähigen Bereichen.“

Es gehe nicht darum, „einzelne Flugpassagiere zu blockieren, sondern die ungerechte Bevorteilung der Flugindustrie zu kritisieren“, erklärte Lena Tucnak, auch Sprecherin von „Am Boden bleiben“. „Neben den Milliarden, die in den Bau des BER sowie die kürzliche Rettung der Lufthansa geflossen sind, wird die Flugindustrie zusätzlich indirekt mit 13 Milliarden Euro pro Jahr durch fehlende Kerosin- und Mehrwertsteuern subventioniert“, heißt es in der Pressemitteilung. epd

 
   
   
 
 
Background Förderung
 
 
 

Kommunale Netzwerke für Klimaschutz und Mobilität

Um die Klimaschutz- und Energieeffizienzziele in Kommunen zu erreichen und Erfahrungen weiterzutragen, sind Netzwerke und Arbeitskreise zum Austausch von Praxisbeispielen und zur Unterstützung der Aktivitäten ein wichtiges Instrument. Das Bundesumweltministerium unterstützt im Rahmen der Kommunalrichtlinie den Aufbau und Betrieb von solchen kommunalen Netzwerken.

Antragsberechtigt sind natürliche und juristische Personen, die als Netzwerkmanager die fachliche Kompetenz, die erforderliche Zuverlässigkeit sowie ausreichende wirtschaftliche und zeitliche Ressourcen haben, die zum Aufbau und zum Betrieb des Netzwerkes notwendig sind.

Gefördert wird der Aufbau und Betrieb kommunaler Netzwerke zu den Themenbereichen

  • Klimaschutz
  • Energieeffizienz
  • Ressourceneffizienz
  • klimafreundliche Mobilität

Die Förderung erfolgt für die Gewinnungs- und/oder die Netzwerkphase.

1. Gewinnungsphase

Gefördert wird die Gewinnung von Netzwerkteilnehmern. Die Förderquote beträgt maximal 100 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben. Die maximale Zuwendung beträgt 3000 Euro, davon maximal 1000 Euro für Personalausgaben. Der Bewilligungszeitraum umfasst zwölf Monate. Mindestens sechs Teilnehmer ergeben ein Netzwerk, das eine anschließende Netzwerkphase beantragen kann.

2. Netzwerkphase

Gefördert werden Aufbau, Betrieb und Begleitung eines Netzwerks durch ein externes Netzwerkmanagement. Dieses hat sicherzustellen, dass die Teilnahme von mindestens sechs Teilnehmern am Netzwerk vertraglich gesichert ist und ein qualifiziertes Netzwerkteam eingesetzt wird. Die Förderquote für Anträge zwischen 1. August 2020 und 31. Dezember 2021 beträgt maximal 70 Prozent, im ersten Förderjahr maximal 20.000 Euro pro Netzwerkteilnehmenden, danach maximal 10.000 Euro pro Teilnehmenden und Förderjahr. 

Antragsteller aus den vier Braunkohlerevieren, die im Abschlussbericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ geografisch definiert sind, können eine um 15 Prozentpunkte erhöhte Förderquote beantragen. Dies gilt aber nur, sofern alle Netzwerkteilnehmenden in den genannten Braunkohlerevieren ansässig sind Der Bewilligungszeitraum umfasst 36 Monate.

Antragsverfahren

Förderanträge können beim Projektträger Jülich über das elektronische Antragssystem easy-online schriftlich eingereicht werden. Interessenten können auf einen Beratungs-Service für Antragstellende zurückgreifen. Peter Crain

 
   
 
 
Background Standpunkt
 
 
 
   
  Carl-Friedrich Elmer, Projektleiter Verkehrsökonomie, Agora Verkehrswende  

Die Maut ist tot, es lebe die Maut!

Es lohnt sich, neu über die Pkw-Maut nachzudenken, schreibt Verkehrsökonom Carl-Friedrich Elmer von Agora Verkehrswende – gerade jetzt, da die Bundesregierung mit ihrem Vorhaben endgültig gescheitert ist. Für die Debatte schlägt er drei Leitlinien vor: Eine neue Pkw-Maut sollte von der Fahrleistung abhängen, differenzierte Preissignale geben und nachhaltige Mobilität finanzieren.

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Die Bundesregierung steht beim Thema Pkw-Maut vor einem Scherbenhaufen. Übrig bleiben Unwörter wie „Ausländermaut“ und „Mautaffäre“. Die Ausländermaut ist gescheitert, weil sie Fahrerinnen und Fahrer aus anderen Ländern diskriminiert und damit gegen EU-Recht verstoßen hätte. Auch den Versuch, das Maut-Vorhaben über den Umweg einer Ausweitung der Eurovignetten-Richtlinie von Lkw auf Pkw zu retten, hat der Bundesverkehrsminister letzte Woche zurückziehen müssen. 

In diesem Scheitern liegt aber auch eine Chance. Zunächst einmal droht nun keine Verzögerung mehr dabei, die Richtlinie so weiterzuentwickeln, dass die Lkw-Maut eine stärkere Klimaschutzwirkung entfalten kann. Vor allem aber ist der Weg jetzt frei für eine Debatte über eine verkehrs- und klimapolitisch sinnvolle Pkw-Maut in Deutschland. Eine solche neue Maut sollte drei Kriterien erfüllen:

1. Die Pkw-Maut hängt von der Fahrleistung ab

Die Diskriminierung von Fahrerinnen und Fahrern aus anderen Ländern war nur ein Fehler der Pkw-Maut, wie sie die Bundesregierung in den letzten Jahren verfolgt hat. Falsch war auch der Ansatz, die Maut pauschal zu erheben, unabhängig von der Fahrleistung. Egal ob die Autobahn nur gelegentlich oder regelmäßig für weite Strecken genutzt wird, alle sollten den gleichen Betrag pro Jahr zahlen. Das ist ungerecht und geht an den Herausforderungen der Verkehrspolitik vorbei. Für eine sinnvolle Maut muss der Grundsatz gelten: Wer mehr fährt und dadurch mehr Kosten verursacht – durch Abnutzung der Infrastruktur genauso wie durch Schäden an Gesundheit, Umwelt und Klima –, der muss auch mehr bezahlen

Eine fahrleistungsabhängige Erhebung von Straßennutzungsgebühren hat mehrere Vorteile. Sie erhöht den Anreiz, unnötige Fahrten zu vermeiden, das Fahrzeug besser auszulasten und auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Bus, Bahn oder Fahrrad umzusteigen. Hinzu kommt, dass die Finanzierung der Infrastruktur ohnehin neu geregelt werden muss. Zum einen steigt – bedingt durch die Coronakrise – die Staatsverschuldung wieder an, was nach der Phase akuter Krisenbekämpfung die Konkurrenz um Haushaltsmittel weiter verschärfen dürfte. Zum anderen werden die Einnahmen aus Energie- und Kfz-Steuern, die bisher als Grundlage der Straßenfinanzierung galten, stark zurückgehen, je mehr Elektrofahrzeuge auf die Straße kommen. Eine fahrleistungsabhängige Pkw-Maut ermöglicht eine stabile und verursachungsgerechte Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur. Um möglichst effektiv zu sein und Ausweichverkehr zu verhindern, ist ein alle Straßen umfassendes Maut-System anzustreben.

2. Die Pkw-Maut wird flexibel und differenziert erhoben

Die Höhe der Maut kann über die Fahrleistung hinaus an weitere Kriterien geknüpft werden. Dadurch wird es möglich, differenziertere Preissignale zu geben und eine verbesserte Lenkungswirkung zu erzielen. Sind Mautsätze zu Stoßzeiten und auf vielbefahrenen Straßen höher, kann der Verkehr zum Teil auf andere Zeiten und andere Straßen – oder andere Verkehrsmittel als den Pkw – verlagert werden. Der Verkehr fließt besser, Fahrzeiten und Routen werden berechenbarer. Für die Logistikbranche wäre das ein großer Mehrwert. Durch die gleichmäßigere Auslastung ließe sich überdies der Konflikt um den Ausbau der Straßeninfrastruktur entschärfen. 

Neben Ort, Straßentyp und Zeit können auch fahrzeugspezifische energie-, klima- und umwelt- sowie sicherheitsrelevante Kriterien berücksichtigt werden. Höhere Mautsätze für verbrauchs- und emissionsintensive Pkw würden einen zusätzlichen Anreiz zum Kauf von sparsameren und umweltverträglicheren Fahrzeugen geben. Auch die Berücksichtigung von Fahrzeuggröße bzw. -gewicht ist denkbar, da ein höheres Fahrzeuggewicht nicht nur mit einer stärkeren Straßenabnutzung einhergeht, sondern auch mit höheren Unfallrisiken für andere Verkehrsteilnehmer. Bei der Auswahl von Mautbemessungsparametern sind allerdings neben praktischen Restriktionen auch Wechselwirkungen und Konkurrenzen mit anderen verkehrspolitischen Instrumenten zu beachten, mit denen sich bestimmte Ziele möglicherweise effektiver und effizienter erreichen lassen. So stellen beispielsweise der Brennstoffemissionshandel oder eine CO2-orientierte Energiesteuer Alternativen zu einer CO2-Komponente in der Maut dar.

Damit insbesondere in dicht bebauten Stadträumen die Belastung durch Stau, Lärm und Abgase reduziert werden kann, sollten Städte und Kommunen im Rahmen eines gemeinsamen Mautsystems die Mautsätze lokalspezifisch – je nachdem, wie die Lage vor Ort ist – anpassen können. Auch das Parkraummanagement könnte in ein umfassendes Maut-System integriert werden. Alleingänge in Richtung City-Maut, wie sie in manchen Städten bereits diskutiert werden, wären damit überflüssig. Ein flexibles, übergreifendes Maut-System kann die erhofften Steuerungsfunktionen einer lokal begrenzten City-Maut abdecken und einen ineffizienten Wildwuchs technologisch inkompatibler Systeme verhindern.

3. Die Pkw-Maut finanziert die Verkehrswende

Die Pkw-Maut bedeutet eine grundsätzliche Umstellung von Steuerfinanzierung der Infrastruktur auf direkte Nutzerfinanzierung. Die Einnahmen wären unabhängig von Steuern, die an Energieverbrauch und CO2-Emissionen gekoppelt sind; und der Finanzrahmen wäre unabhängig von haushaltspolitischen Entscheidungen. Im Sinne einer nachhaltigen Verkehrspolitik kann es nicht darum gehen, diese verlässlichen Einnahmen allein für die Straßeninfrastruktur zu nutzen. Vielmehr sollten die Maut-Einnahmen für ein ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltiges Verkehrssystem verwendet werden: mit leistungsfähigen Bussen und Bahnen, innovativen Mobilitätsangeboten und guten Bedingungen für Fußgänger und Radfahrer. 

Die Debatte über eine fahrleistungsabhängige und differenzierte Pkw-Maut kann beginnen. Viele Fragen sind noch zu klären: Wie lässt sich eine solche Maut bundesweit technisch am besten umsetzen? Wie bleibt sie trotz Differenzierung beherrschbar und nachvollziehbar? Wie hoch sind Kosten und Nutzen verschiedener Ausgestaltungsoptionen? Wie wird der Datenschutz gewährleistet? In welche verkehrspolitische Gesamtstrategie wird die Maut eingebettet? Durch den Irrweg der vergangenen Jahre ist wertvolle Zeit verloren gegangen. 

Das Ziel, eine ökonomisch und ökologisch nachhaltige Pkw-Maut bis Mitte der 2020er Jahre einzuführen, sollte bereits im Koalitionsvertrag der nächsten Bundesregierung verankert werden. Das bedeutet, dass die politischen Parteien das Thema jetzt diskutieren und in ihre Wahlprogramme aufnehmen müssen. Gleichzeitig sollten auch Wissenschaft, Verwaltung und Unternehmen bereits jetzt mit Vorarbeiten beginnen. Wenn das Vorhaben gelingt, kann die neue Pkw-Maut zu einem innovativen Digitalisierungsprojekt mit internationaler Strahlkraft werden, das Mobilität besser, gerechter und klimaverträglicher macht.

 
   
 
 
 
Background Im Porträt
 
 
 
 
 

Stefanie Bremer

Professorin für integrierte Verkehrsplanung und Mobilitätsentwicklung an der Universität Kassel

„Wir müssen anfangen, Straßen zu designen“, sagt Stefanie Bremer im Telefongespräch mit Tagesspiegel Background, während sie auf ihren Garten blickt. Man gestalte Autos und sogar Kaffeemaschinen ganz selbstverständlich, den öffentlichen Raum jedoch kaum. Bremer ist Expertin für integrierte Verkehrsplanung. Die gebürtige Norddeutsche sorgt für attraktive Lebensräume inmitten des Verkehrs. „Ich möchte, dass Straße und Stadt wieder eins sind“, so Bremer. Räume sollen gerecht und nachhaltig an alle verteilt werden. Ein idealistisches Ziel, das in der Realität oft an seine Grenzen stößt.

Während des Studiums fühlt man sich wie der König der Welt. Man entwirft ganze Städte von Grund auf, doch das ist leider nur Theorie. Selten findet man freie Flächen, auf denen man neu planen kann“, erzählt Bremer. Nach einer Lehre zur Gärtnerin zieht es das Landkind aus der Gemeinde Hörup bei Flensburg nach Berlin. Dort studiert sie Stadt- und Regionalplanung. Danach arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Duisburg-Essen und promoviert im Bereich Bauwissenschaften. Seit 2016 ist sie Professorin an der Universität Kassel. 2008 gründet sie mit Partner Henrik Sander das eigene Unternehmen orange edge. „Uns war klar, wir müssen Stadt- und Verkehrsplanung zusammen denken. Diese Teilgebiete verbinden wir“, erzählt die 51-Jährige.

Wie das funktioniert, zeigt Bremer in ihrem aktuellen Projekt in Mannheim. Auf der Fläche alter Militärflächen soll ein neuer Stadtteil entstehen. Das Problem: Durch das Gebiet führt eine stark befahrene Autobahn. „Niemand möchte direkt neben einer Autobahn leben. Wir haben sie neu gedacht und zu einer Art leistungsfähigem Boulevard umfunktioniert. Gleichzeitig war uns der Lärmschutz wichtig“, sagt sie. Beim Prinzip des passiven Lärmschutzes werden weniger empfindliche Bereiche, etwa das Treppenhaus, an der Straßenseite angeordnet. Sensible Wohnräume, wie das Schlafzimmer, zeigen von der Straße weg. Das Haus selbst fungiert als Lärmschutzwand. In Mannheim soll beispielsweise ein großes Möbelgeschäft direkt an der Straße laute Geräusche abfangen.

Flexible Straßenplanung durch intelligente Verkehrsleittechnik

Zudem forscht Bremer an technischen Innovationen, welche die Mobilität innerhalb der Städte verbessern sollen. „Man kann nicht für jeden Verkehrsteilnehmer eine eigene Fahrspur additiv dazusetzen. Dafür gibt es schlichtweg keinen Platz. Wir müssen die Bereiche neu austarieren“, sagt Bremer. 

Straßen müssten flexibler werden. Jeder kennt das Phänomen: Die zwei Fahrspuren, die in die Stadt hineinführen, sind morgens oft verstopft. Die anderen beiden Spuren aus der Stadt hinaus sind im Gegensatz dazu völlig frei. Eine dynamische Straßenraumaufteilung mit entsprechender intelligenter Verkehrsleittechnik könnte morgens drei Spuren in die Stadt freigeben und nur eine, die hinausführt. Der Verkehr flösse besser. So wäre es laut Bremer auch denkbar, dass bestimmte Fahrspuren für den Umweltverbund freigegeben werden oder dem Radverkehr schneller, einfacher und konfliktfreier Platz gemacht werde. „Gut möglich, dass meine Enkel sich darüber wundern werden, dass wir bis heute nur etwas Farbe auf die Straßen aufgetragen und geglaubt haben, dass das reiche, um den komplexen Verkehr zu steuern“, sagt Bremer schmunzelnd. Eine Fahrbahn, die zu jeder Zeit dieselbe Funktion hat, könnte bald Geschichte sein. 

Radschnellwege wie in den Niederlanden

Auch den Trend, immer öfter auf das Auto zu verzichten, nimmt Bremer ernst. „Wir planen momentan Radschnellwege. Da können Fahrradfahrer einige Kilometer ungestört mal so richtig schnell fahren“, sagt Bremer. Vorbilder findet man beim Nachbarn, den Niederlanden. Dort befinden sich Radschnellwege zwischen Ortschaften oder werden innerhalb der Stadt durch Tunnels oder langgezogene Brücken umgesetzt. 

Tagtäglich hat Bremer mit urbanen Themen zu tun. Deswegen genießt sie Wanderungen mit ihren drei Kindern in der Lüneburger Heide und den Mooren um so mehr. Mit Hund Winston Neues in den Hamburger Bergen entdecken – dabei bekommt sie den Kopf frei. „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Schöne direkt vor der Haustür liegt?“, denkt sie sich. Die Natur ist für Bremer Erholung und Heimat, bald möchte sie die Insel Amrum erkunden. Maya Morlock

Vier Fragen an Stefanie Bremer: 

1. Welches Auto kaufen Sie als nächstes?
Einen Lada Niva in beige-grün.

2. Wie halten Sie es mit dem Fliegen?
Ich habe eine Bahncard 100 und wohne zu weit vom Flughafen entfernt. Ich fliege selten. Wenn ich mal fliege, dann begeistert mich der Blick von oben auf die Wolken und unsere gebaute Welt immer wieder neu. Es ist schon cool, wenn man über eine Stadt fliegt und die Gebiete und Räume, die man mit plant, von oben sieht und weiß, was sich da in Zukunft ändern wird. Ich kann mich da gar nicht „sattsehen" und klebe – wie ein Kleinkind – so lange es geht am Flugzeugfenster.    

3. Wer gibt in der Mobilitätsbranche das Tempo vor?
Leider niemand so richtig klar und alle mehr als man denkt. Man könnte mehr schaffen, wenn das unterschiedliche Tun der Akteure im Sinne einer nachhaltigen Systeminnovation etwas besser koordiniert und inspiriert würde. Also: Entweder muss man in Zukunft mehr miteinander sprechen (und irgendjemand muss das organisieren und steuern) oder man muss sich besser, klüger, fair und transparent vernetzen. Ich setze auf das Zweite. 

4. Wo würden Sie gerne das Rad neu erfinden?
Das Rad ist, so wie es ist, gut. Ich würde nur gerne in Fahrräder mehr GPS-Tracker oder ähnliches fest einbauen lassen, damit die schönen Räder nicht mehr so häufig gestohlen werden. Das Rad bleibt, wie es ist, aber muss in ein besseres Umfeld eingebunden werden. Das meint eben auch mehr, sichere und attraktivere Radwege. Im Bereich der Integrierten Verkehrsplanung muss es gelingen, die vielen guten Ideen, die man hat, auch wirklich umzusetzen. Da müsste man mal langsam in den mindestens (!) zweiten Gang schalten.


 
   
 
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